Gehet hin!


Pfr. Martin Burkhardt predigt zur Eröffnung der Jakobuswoche und am Kirchweihsonntag über den Missionsbefehl Matth 28, 16-20. Was hat dieser mit dem Pilgern zu tun?

Predigttext

Math 28,16 Aber die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte. 17 Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten. 18 Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. 19 Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes 20 und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Gehet hin

Was hat dieser Text mit Pilgern zu tun und mit unserer Jakobuswoche?

Was auffällt ist die Aufforderung von Jesus:
„Gehet“ - „Gehet hin in alle Welt“

Das ist zunächst ein Pilgerspruch.

Denn es heißt, dass wir uns aufmachen und gehen sollen.

Nicht nur den Spaziergang nach nebenan, sondern es ist ein weltweites Unternehmen.

Wenn sie sich die Pilgerrouten in Europa anschauen, dann haben sie die Menschen schon immer über die Grenzen hinaus geführt.

Durch ganz Europa hindurch bis in das ferne Spanien und bis an an des westliche Ufer des Kontinents.

Und dort gibt es etwas westlich von Santiago de Compostella eine Landspitze, die heißt tatsächlich „Ende der Welt“.

Oder denken sie an die Pilgerreisen nach Jerusalem über das Mittelmeer durch die Länder des Balkans

Und natürlich sind die Jünger nicht mit dem Flugzeug geflogen oder mit dem Fahrrad gefahren.

Sondern sie sind wie ihr Herr und Meister zu Fuß unterwegs gewesen.

Geistliche Wurzeln des christlichen Pilgerns

Wenn wir nun auf die geistlichen Wurzeln des christlichen Pilgerns blicken, dann sind zwei Wurzeln wichtig:

Die Wanderungen Jesu mit seinen Jüngern

Jesus war mit seinen Jüngern unterwegs und wusste sprichwörtlich nicht, wo er sein Haupt hinlegen kann.

Matt 8,20 Jesus sagt (zu ihm): Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.

Er hatte keinen festen Wohnsitz. Er hatte zwar in Nazareth wahrscheinlich seine väterliche Werkstatt.

Aber er war dann mit seinen Jüngern unterwegs.

Zwischen Galiläa und Jerusalem war er ständig auf Achse.

Die Missionsreisen der ersten Christen

Diese Nachfolge wird nun fortgesetzt durch den Missionsbefehl.

Die Jünger sollen weiter unterwegs sein.

Nun nicht mehr im begrenzten Raum in in Jerusalem und Samaria, sondern wie es die Apostelgeschichte beschreibt, bis sie nach Rom kommen.

Acts 1,8 aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.

Das ist ja die große "Pilgerreise" des Apostel Paulus.

Er hat ja das ganze Mittelmeer bereist und hat das Evangelium von Jerusalem bis nach Rom gebracht.

Er hätte es auch gerne noch nach Spanien gebracht, aber wahrscheinlich ist er vorher als Märtyerer hingerichtet worden.(Röm 15:28)

Bonifatius und andere

Im meinem Urlaub habe ich einen Fernsehbeitrag über Bonifatius gesehen.

Bonifatius ist so etwas wie der Gründer und Organisator der deutschen Kirche im frühen Mittelalter.

Eine hochinteressante Lebensgeschichte.

Ursprünglich ein Mönch von der britischen Insel, der sich dann auf die Pilgerreise, auf die Missionsreise gemacht zu uns nach Deutschland.

Um uns in Deutschland das Evangelium zu bringen.

Er hat die Grundlage für die deutsche Kirche gelegt er hat auch die Anbindung an den Papst in Rom vorangetrieben.

Sie können sich vorstellen, welche Strecken dieser Mensch zurück gelegt hat.

Er hat mehrmals die Strecke zwischen England und Deutschland zurückgelegt.

Er war dreimal in Rom

Über die Alpen

Natürlich meistens zu Fuß

Die ganz Unsicherheit des Weges

Und die Mönche damals verstanden ihre Missionsreisen als Pilgerreisen

Jesus nachzufolgen in aller Unsicherheit, die damit verbunden war.

Die Unsicherheit wird auch deutlich, dass Bonifatius dann mit achzig Jahren auf seiner letzen Reise zum Märtyrer geworden ist.

Er hat schon mal als junger Mann versucht die Angeln zu bekehren.

Er war dann gescheitert und hat mehr im fränkischen Kernland gearbeitet, wo er den Schutz der Merowinger hatte.

Und hochbetagt hat er dann nochmal den Versuch unternommen.

Seine Reisegruppe wurde überfallen und er ermordet

Aber es war nicht nur Bonifatius unterwgs.

John Wesley der Gründer der methodistischen Kirche, hielt bis zu drei Predigten am Tag und das an unterschiedlichen Orten. Insgesamt sollen es 40.000 gewesen sein und man vermutet dass er dabei 225.000 eng. Meilen oder 400.000 kam zurückgelegt haben muss.

Nicht für sich selbst unterwegs

Es tut sich dann aber ein Unterschied auf.

Bonifatius, Weseley und andere waren nicht für sich selbst unterwegs.

Es war keine Suche nach Gott, keine Selbsterfahrung.

Sie hatten Gott gefunden und wollten nun anderen davon erzählen.

Damit gibt es einen wichtigen Unterschied zum Pilgern.

Wer pilgert ist zunächst mal für sich selbst unterwegs.

Ja, oft verlässt er sein vertrautes Umfeld um seinen eigenen Weg zu gehen.

Da heißt nicht, dass Pilgern auch eine Gemeinschaftserfahrung ist.

In der Pilgergruppe, mit der man sich auf dem Weg macht

In den Pilgerunterkünften

Oder wenn sich zwei Pilger, die alleine gehen, auf dem Weg begegnen und sich anfreunden.

Wie merkwürdig?

Uns fehlen heute in der Kirche Männer wie Bonifatius und Wesley.

Sie waren unterwegs, unterwegs zu den Menschen.

Heute warten wir in unseren Kirchen, dass Menschen kommen.

Aber weil diese nicht mehr erwarten, dass sie in der Kirche Gott finden, suche sie Gott woanders.

Und der Hype der Pilgerbewegung ist ein Ausdruck dafür, das Menschen auf der Suche sind. Vielleicht nicht immer ausdrücklich auf der Suche nach Gott.

Manche wissen vielleicht gar nicht, wonach sie suchen oder dass sie auf der Suche sind.

Das ja auch nicht grundsätzlich verkehrt. Selbst von den Jüngern heißt es in unserem Predigttext:

einige aber zweifelten.

Zum Glauben gehört der Zweifel dazu. Das Suchen und Fragen.

Wo ist Gott zu finden?

So bleibt die Frage, wo lässt sich Gott finden? Und wie lässt sich Gott finden? Und wer ist Gott überhaupt?

Darüber gibt unser Predigttext Auskunft:

Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.

Bei aller Suchen nach Gott bleibt letztlich eine Unsicherheit zurück.

Ja es gibt religiöse Erfahrungen.

Es gibt spirituelle Erfahrungen beim Pilgern und anderswo.

Und das ist gut und richtig so.

Und wir haben wahrscheinlich in unseren Kirchen immer noch zu wenig Erfahrungsmöglichkeiten.

Aber letztlich sind alle spirituellen Erfahrungen immer auch wieder das Produkt unser selbst.

Wir suchen Gott und finden uns selbst und kommen aus unserem Schneckenhaus doch nicht heraus, weil wir es immer mit uns tragen.

Erst ist in Jesus finden wir das Gegenüber

Wir sehen in ihm das Bild des unsichtbaren Gottes.

Und hier finden wir Gott

Im Stall in der Krippe

oder am Kreuz von Golgatha.

Und erst dieses göttliche Gegenüber hilft uns zu dem Menschen zu werden, den Gott gemeint hat.

Zum Ebenbild Gottes.

Denn ein Spiegel, der nichts widerspiegeln kann bleibt leer

Nur wenn wir Sichtkontakt zur Lichtquelle haben können wir das Licht aufnehmen und es weitergeben.