Predigttext Hiob 19,19-27
19 Alle meine Getreuen verabscheuen mich, und die ich lieb hatte, haben sich gegen mich gewandt. 20 Mein Gebein hängt nur noch an Haut und Fleisch, und nur das nackte Leben brachte ich davon. 21 Erbarmt euch über mich, erbarmt euch, meine Freunde; denn die Hand Gottes hat mich getroffen! 22 Warum verfolgt ihr mich wie Gott und könnt nicht satt werden von meinem Fleisch? 23 Ach dass meine Reden aufgeschrieben würden! Ach dass sie aufgezeichnet würden als Inschrift, 24 mit einem eisernen Griffel in Blei geschrieben, zu ewigem Gedächtnis in einen Fels gehauen! 25 Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er über dem Staub sich erheben. 26 Und ist meine Haut noch so zerschlagen und mein Fleisch dahingeschwunden, so werde ich doch Gott sehen. 27 Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder. Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.
Die tiefe Krise des Hiobs
Wie Nägel bohren sich diese Worte der Klage in unsere Seele.
(Und unser Predigttext ist nur ein Auschnitt der Klage)
19 Alle meine Getreuen verabscheuen mich, und die ich lieb hatte, haben sich gegen mich gewandt. 20 Mein Gebein hängt nur noch an Haut und Fleisch, und nur das nackte Leben brachte ich davon.
Was ist diesem Menschen passiert?
Welches ungeheure Schicksal.
Man mag gar nicht darüber nachdenken.
Soll man da überhaupt darüber predigen.
Predigen soll doch aufbauen, ermutigen, Positives erzählen und nicht die rabenschwarze Nacht eines Menschen-
die äußere Krise
Das Buch Hiob berichtet, dass zunächst Hiobs Besitzt verlorgen geht, dann sterben seine Kinder und schließlich wird er noch von einer schweren Krankheit, einem Hautgeschwür befallen.
1966 wurde sogar eine therapieresistente Strptokokkeninfektion der Haut als Hiob-Syndrom benannt.
Wie kann ein Mensch soviel Pech haben?
Nicht nur ein Schicksalschlag sondern gleich mehrere?
Es gibt sie leider immer wieder auch in der Seelsorge: zwei Todesfälle in der Familie in Folge.
Oder es tritt eine Krankheit auf, deren Behandlung die finanziellen Möglichkeiten einer Familie überfordert (auch im Zeitalter der Krankenkassen).
Und dann zehrt das Unglück an den Beziehungen. Ehen zerbrechen, weil man es nicht mehr aushält
die innere Krise
Aber nun kommt die innere Krise dazu.
Freunde Hiobs tauchen auf. Immerhin sie kommen überhaupt.
Oft werden Menschen in ihrer Trauer allein gelassen, weil man nicht weiß, wie man helfen soll oder was man sagen soll.
Aber diese Freunde meinen es zu gut mit Hiob.
Anstatt zu trösten, bohren sie nach:
"Es muss doch einen Grund geben. Du musst einen Fehler begangen haben. Gott straft dich für deine Sünden."
Doch Hob hält daran fest:
21 Erbarmt euch über mich, erbarmt euch, meine Freunde; denn die Hand Gottes hat mich getroffen! 22 Warum verfolgt ihr mich wie Gott und könnt nicht satt werden von meinem Fleisch?
Es ist nicht Hiobs Vergehen, sondern Gott hat ihn einfach getroffen.
Einfach so. Scheinbar grundlos!
Warum lässt Gott das zu?
Und das führt uns zum Szene, die dem Buch Hiob vorangestellt ist.
Er ist einmalig in der Weltliteratur und hat seinen Weg bis in Goethes Faust gefunden.
Es ist eine Szene im himmlischen Tronsaal Gottes.
HIob 1,6 Eines Tages, da die Gottessöhne kamen und vor den Herrn traten kam auch der Satan mit ihnen
Und Satan fordert Gott heraus. Hiob ist nur deswegen fromm und rechtschaffen, weil Gott ihn so reich segnet.
Und nun lässt Gott es zu, dass Satan Hiob auf die Probe stellt. Alles darf er ihm nehmen, nur sein Leben nicht.
Dieser Vorspann macht die Geschichte nicht einfacher.
Kann Gott einfach so mit uns umgehen? Kann und will er uns einfach so dem Bösen überlassen?
Hiob ist mit seiner Klage im alten Testament nicht allein
Im Alten Testament wird mit Gott geklagt und gehadert und mit ihm gerungen
Beispiele
Jakobs Kampf mit Gott am Fluss Jabok
- Mose 32,27 Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn
Die Klagelieder des Jeremia nach der Zerstörung Jerusalems
Klagelieder 3,22 Es ist Gottes Güte, das wir nicht gar aus sind.
Die Klagepsalmen
Klagen nicht Jammern
Aber es ist kein sich immer wiederholendes Jammern, sondern Klage auf höchstem Niveau
Nicht nur sprachlich die Redeteile des Hiobsbuches sind in Versen geschrieben
Sondern eben auch theologisch.
Es wird mit Gott gerungen.
Warum hat das Klagen in der Bibel Platz
Müsst Gott nicht alle, die ihn so anklagen, hinwegfegen, fragt sich manch frommer Bibelleser.
Aber es ist diese totale Ehrlichkeit gegenüber Gott, die das Herz des Gerechten ausmacht.
Gott will das wir unser Herz vor ihm aussschütten: unsere Angst, unsere Sorgen unsere Fragen
Und dieses Art zu Klagen führt bei Hiob, wie bei den Psalmen wieder zurück zu Gott.
Hiobs Hoffnung
Und so taucht sie auch bei Hiob auf.
Diese allerletze Hoffnung die an Gott festhält:
25 Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er über dem Staub sich erheben. 26 Und ist meine Haut noch so zerschlagen und mein Fleisch dahingeschwunden, so werde ich doch Gott sehen. 27 Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder. Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.
Der Löser von Ruth
Es ist hier unklar, was das Wort Goral "Erlöser" im Hebräisch meint.
Wir kennen den Begriff z.B. aus dem Buch Ruth. Boas, den Ruth später heiratet ist ihr "Löser", ihr Goral.
Er hat das Recht, wegen seins verwanschaftlichen Verhältnisses zum verstorbenen Eheann der Ruth, dessen Erbteil durch die Heirat mit Ruth zu übernehmen. Es ist also ein Begriff aus dem Familienrecht. Durch den Löser wird die durch den Tod des Ehemanns unterbrochene Lebenslinie wieder fortgesetzt. Ruth, die als Moabiterin eigentlich Heidin ist, wird voll in das heilige Volk Israel integriert. Eine vollständige Widerherstellung der zerstörten Verhältnisse.
Und so ist Ruth dann auch zur Urgroßmutter von David und damit zur Stammutter von Jesus geworden. (Matt 1,5)
Genau das erhofft sich HIob von Gott, eine Wiederherstellung seiner zerstörten Familien und Besitzverhältnisse.
Feshalten an Gott
Und diese Honffung lässt Hiob an Gott festhalten.
Er wird das letze Wort haben, nicht das Leid, noch der Tod und auch nicht Hiobs Freunde mit ihren Anklagen
und als der Letzte wird er über dem Staub sich erheben
Zugleich kommt damit Hiobs tiefste Sehnsucht zum Ausdruck:
so werde ich doch Gott sehen. 27 Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder. Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.
Ist solches Festhalten nicht frommer Selbstbetrug?
Man muss sich natürlich die Frage stellen, ob angesichts der schier aussichtslosen Lage des Hiobs, solches fast starrsinniges Feshalten an der Güte Gottes nicht Selbstbetrug ist?
Ist es nicht für alle, ja selbst für die Freunde Hiobs offensichtlich, dass Gott ihn verlassen hat?
Am Ende des Buches Hiob geschieht genau das, was Hiob erhofft hat. Er wird vollständig wieder hergestellt.
Und Hiob starb alt und lebenssatt
Er erhält sogar doppelt so viel wie er verloren hat zurück.
Ihm werden wieder Söhne und Töchter geboren
Passieren solche wunderbare Lebenswenden nicht doch nur im Märchen?
Dazu nur zwei Gedanken:
Wir haben die Zukunft nicht in unserer Hand.
Wir können uns zwar ausmalen, wie unser Zukunft sein kann, wie schlimm eine Situation wird.
Aber letztlich bleibt unsere Zukunft und auch unser Leben nach dem Tod in Gottes Hand.
Sie ist für uns unverfügbar
Es hängt von der Situation ab
Vielleicht ist für uns jetzt das Festhalten HIobs kindisch, übertrieben, nicht nach vollziehbar.
Aber das gilt nur solange wir nicht in der Situation von Hiob sind.
Dann kann selbst das Buch Hiob zu einem "Srohhalm" werden an dem ich mich festhalten kann und der mir Kraft gibt zu überleben.
Ja selbst die Vorstellung von einem richtenden und strafendnee Gott, die Hiob ja für sich ablehnt, kann heilsam sein, weil ich weiß dass ich nicht ins Nichts falle, sondern in die Hände des mich liebenden und sich erbarmenden Gottes
Deutung auf Christus hin
Als Christen deuten wir dieses Stelle des Alten Testamentes auf Jesus hin. Und das gilt in zweifacher Weise
Christus setzt in seinem Leiden seine Hoffnung auf Gott, wie Hiob
Christus betet am Kreuz die Klagepsalemen.
eEr r befiehlt siene Geist in die Hände des Vaters
Er hofft wie Hiob, dass sich sein Erlöser als letzes über den Staub erheben wird.
Christus ist unser Erlöser
Er ist es, der unser Verhältnisse wieder zurecht bringt.
Der uns wie der Löser Ruths in das Heilsvolk Israel einholt und unsere durchschnittene Lebenslinie wieder mit Gott verbindet.
Er ist es, der uns unser himmlisches Erbteil wieder zurückgibt.
Und er ist unser Erlöser, der sich als letzes über den Staub erhoben hat.
Der das letzte Wort über unser Leiden und Sterben hat.