Trubel und Einsamkeit

Predigt über Mk 1, 32-39 19. Sonntag nach Trinitatis (1) 7190.1

Kennen Sie das auch?
Eine volle Woche mit vollem Terminkalender, wo kaum Platz für Erholen und Besinnung ist?
Eine lärmende Schar Kinder, eine Schulklasse oder eine Konfirmandengruppe, Wo man sich nur mit Mühe durchsetzen kann?
Vielleicht ein großes Familienfest, dessen Vorbereitung ihre ganze Aufmerksamkeit erfordert hat und die am Ende uns doch über den Kopf gewachsen ist?
Eine Woche voller Schulaufgaben und unerwarteter Exen. Und dann dann muss man auch noch ein Referat halten, das einen gar nicht liegt.
Ein langer Tag in einem sozialen Beruf: viele Menschen, viele Nöte, viele ungelöste Fragen.
Dann sehnte man sich nach Stille und Ruhe, die Beine hoch legen, Ein bisschen Musik hören Oder den Fernseher einschalten.

Genauso ist es Jesus ergangen. Ein langer Arbeitstag. Viele Menschen mit ihren ganz unterschiedlichen Anliegen und Sorgen. Viel Krankheit und viel Leid.
Ich finde es schon toll, dass er sich auf so viele Menschen einlassen kann und sie sogar noch heilen kann. Die Evangelien berichten, dass Jesus bei Heilungen spürte, dass Kraft und Energie von ihm ausgingen. Mir geht schon oft die Energie aus, wenn ich mich um einen einzigen, wirklichen Problemfall kümmern muss. Aber Jesus heilt ja Viele.
Und so sinkt auch der Energielevel des Mensch gewordenen Gottes Sohns nach so einem langen Tag. Er braucht seine Ruhezeit, seine Zeit mit dem Vater, seine Zeit im Gebet, Darin ist er hier ganz Mensch, in allem ganz auf den Vater angewiesen ist in allem was er tun. So lesen wir in Johannes 12,49, wie Jesus von sich sagt: „Denn ich habe nicht aus mir selbst geredet, sondern der Vater, der mich gesandt hat, der hat mir ein Gebot gegeben, was ich tun und reden soll.Und ich weiß: sein Gebot ist das ewige Leben. Darum: was ich rede, das rede ich so, wie es mir der Vater gesagt hat.“

Jesus Aufgabe war es, zu heilen. Für die Menschen dazu sein. Nicht nur Einzelne sondern für viele. Und er hat sich dieser Aufgabe ganz hingegeben., Bis er sein Leben Für viele, für uns alle am Kreuz gegeben hat.
So sagt der Hohe Priester, als der Hohe Rat Jesus Tod beschließe: „ Es ist besser für euch, ein Mensch sterbe für das Volk, als dass das ganze Volk verderbe.“ - Die viele, die er geheilt hat, heiße in in Jerusalem willkommen: Gelobt sei der bekommt im Namen des Herrn rufen Sie, und wedeln mit Palmblättern. Doch wenige Tage später schreien sie: kreuzigt ihn!"
Was ist Ihre Lebensaufgabe? Wo möchten Sie ganz dabei sein? Sich mit Leib und Seele hingeben? In dem Wissen, dass das, was man tut richtig und gut ist?
Ist es für sie gut für ihre Kinder dazu sein, alles zu geben damit sie ordentlich aufwachsen können?
Möchten Sie einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten an ihrem Arbeitsplatz? Als Lehrer für die Erziehung der Kinder da sein ?
Einen guten Service bieten im Geschäft für die Kunden?
Ein gutes Produkt entwerfen und verkaufen, das die Welt besser macht?
Als Schülerin oder Schüler, einfach nur gute Noten schreiben?
Denn werden auch sie feststellen, dass die Aufgabe manchmal überhand nimmt. Dass aus den Vielen und den Vielen ein zu viel wird.
Dass uns die Aufgabe, die uns anfangs noch so viel Spaß gemacht hat, zur Last wird.
Die Folge ist, dass wir ermüden, dass uns die Energie ausgeht, Dass wir ausgelaugt sind, bis hin zu einem burn out, wo Leib und Seele die Energie gänzlich ausgegangen ist.

Was macht Jesus? Scheinbar etwas Paradoxes, etwas Widersprüchliches: Er entzieht sich der Aufgabe und ganz für die Aufgabe dazu sein.
Am Morgen geht er hinaus an einen einsam Ort, um zu beten. Das Markus Evangelium berichtet an dieser Stelle ein kleines, aber doch wichtiges Detail aus dem Leben Jesu.. Jesus schafft ein Gegengewicht zu den Vielen, die zu ihm kommen um sich heilen zulassen. Er schafft einen Ausgleich zu dem Belastungen und Anforderungen, die auf ihn einströmen.
Für Jesus war das ganz selbstverständlich! Und es wird noch an anderen Stellen im Neun Testament berichtet, dass er sich zum Gebet zurückgezogen hat. Etwa an den Tag vor seiner Kreuzigung im den Garten Gethsemane, als er sich dem Willen des Vaters unterwarf: „Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe“
Das Beten, Dass Innehalten ist für uns heute keine Selbstverständlichkeiten mehr. Vor zwei Wochen Habe ich darauf hingewiesen, das nicht einmal mehr das Tischgebet selbstverständlich ist. Mein Professor für Altes Testament sagte: nur der moderne Mensch stinkt seit Essen ohne Gebiet hinunter.
Aber sich eine Zeit nehmen, wo man nur betet, wo man ganz für Gott da ist, das ist doch Zeitverschwendung oder? Da geht es uns wie den Jüngern im Garten Gethsemane, die eingeschlafen sind und die Jesus aufwecken musste.
Es war auch für Jesus nicht einfach, Ruhe zu finden. Gleich kommt schon der Petrus angelaufen und sagt: alle fragen sich. wo du bist. So ergeht es uns auch heute, wenn mal wenn man mal versucht zur Ruhe zu kommen. Die Kinder kommen und wollen irgendetwas von einem. An der Haustür klingelt es. Das Telefon bimmelt. So viel Ablenkung.
Man muss es schon richtig wollen, wenn man seine Zeit und Ruhe fürs Gebet haben will. Ich bin früher als Jugendlicher noch einmal 20 Minuten früher aufgestanden, um in der Bibel zu lesen und zu beten. Dann bin ich sehr oft für einen halben Tag in den Wald hinausgegangen, um mit Gott alleine zu sein.
Man braucht schon einen festen Rhythmus, einen festen Trott, wenn man zur Ruhe kommen will. Wer morgens um 7:30 Uhr auf dem neuen Steinheimer Friedhof spazieren geht, der wird mich sehen. Ich drehe eine Runde bis zum Neubaugebiet. Manchmal schweige ich nur diese halbe Stunde. Manchmal lese ich die Losungen, zwei Bibelverse aus dem Neuen und Alten Testament für jeden Tag. Oder spreche einige wichtige Gedanken in mein elektronisches Notizbuch auf meinem Handy. Aber es ist mein festes Morgenritual, nachdem ich die Kinder für die Schule verabschiedet habe.
Mittags mache ich immer eine Pause, vor allem wenn ich abends noch viele Termine habe. Dann nehme ich das Tablet mit meinen digitalen Bibeln zur Hand. Und lese einen Abschnitt. Auch manchmal in den Ur-Sprachen griechisch und Hebräisch.
Und dann dieser Moment am Abend, wenn alles gelaufen ist und ich Still in unserem Wohnzimmer oben im ersten Stock im Pfarrhaus sitze. Viele Gedanken geben mir noch durch den Kopf, Von den Menschen, die ich an diesem Tag getroffen habe. Was gut war, oder auch weniger gut. Ungelöste Konflikte und Fragen lassen mich noch nicht zur Ruhe kommen. So dass ich oft den Tag, wie in eine Film an mir vorbeiziehen. Und bringe ihn so zurück vor Gott.
Jesus kehrt gestärkt aus seiner stillen Zeit zurück. Er fängt nicht da an, wo er aufgehört hat. Er kehrt nicht mehr in das selbe Dorf zurück egal, ob da noch so viele Leute auf ihn warten. Er lässt sich nicht von den Erwartungen der Menschen gefangen nehmen, sondern er weiß ganz klar um seinen Auftrag, den er von Gott bekommen hat. Er ist noch zu so vielen anderen Menschen gerufen, um zu predigen und um zu heilen.
Auch wir kehren nach dem Gebet nicht mehr in die selbe Situation zurück, auch wenn es vielleicht noch immer das selbe Dorf ist, in dem wir leben. Denn die Situation ist nach dem Beten nicht mehr die selbe, zu mindestes die Perspektive hat sich geändert, wie wir unser Leben sehen. Wer betet, lernt, sein Leben von Gott her zu sehen und das macht einen großen Unterschied. Deshalb ist Beten so wichtig.
Kein Mensch kann Jesus, den Messias besitzen. Jesus Christus ist für alle da. Trotzdem geht es auch immer wieder in der Kirche um Besitzstandswahrung. Man meint ein Anrecht zu haben, auf bestimmte kirchliche Serviceleistungen. Doch Jesus zieht weiter. Auch die anderen Dörfer haben ein Recht, das Evangelium von der Liebe Gottes zu erfahren. Wäre Jesus geblieben, hatte er an diesem einen Ort sicherlich noch viel Gutes tun können. Das ist aber gar nicht die Frage. Es geht darum, was Gott von uns will. So müssen wir auch oft weiterziehen, auch wenn die Arbeit an einem Ort noch nicht getan scheint.
Der Kirchenvorstand berät in dieser Woche, wie wir die Gottesdienste nicht nur in Steinheim, sondern auch in den anderen Dörfern da draußen, effektiver und besser gestalten können. Es gilt eine Brücke zu schlagen für das Evangelium, damit es überall zu den Menschen kommt!
So wird der Rückzug in die Stille, den Jesus uns hier vorlebt zu einem wichtigen Prinzip für unser eigenes geistlichen Lebens. Anders können wir der vielen Herausforderungen und Anforderungen nicht Herr werden. Bevor uns die Arbeit gefangen nimmt, Ist es besser innezuhalten und wie Jesus die Stille zu suchen. In der Stille wird uns klar, das wird nicht nur den Menschen dienen, sondern auch Gott. Martin Luther hat das seinen berühmten Buch von der Freiheit eines Christenmenschen so ausgedrückt: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ Beides bedingt sich gegenseitig. Ersten wenn Gott uns aus allen Verpflichtungen heraus ruft, werden wir wieder frei, um wieder ganz in der . Liebe für andere Menschen da sein zu können. Amen