Auferstehung neuronal betrachtet

Pfr. Dr. Martin Burkhardt macht sich zu Ostern Gedanken über die Auferstehung. Er greift dabei auf neurologische Erkenntnisse zurück.

Vorbemerkung

Das was an Ostern wirklich passiert ist, entzieht sich unserem Kenntnis und unserem Verständnis. Es ist jenseits eines Flusses passiert, den wir nicht überschreiten können. Aber es hat Auswirkungen auf die Seite des Flusses, wo wir sind und darüber können wir sprechen.

Spirituelle Erfahrung der Gegenwart Jesus und ihre neurologische Deutung

Gläubige Menschen machen die Erfahrung, dass Jesus in ihnen lebt.

„Die Tür ist offen, ich habe sie aufgemacht, Jesus du lebst in mir mit all deiner Macht“

Religionspsychologen erklären diesen Phänomen damit, dass Menschen, die sehr viel in der Bibel lesen, in sich quasi eine neuronale Repräsentation Jesus tragen, mit der man sogar innere Dialoge führen kann.((vgl. Burkhardt, Neuronale Theologie, S. 63 unter Rückgriff auf die Arbeiten von Sundén)).

Jesus lebet in uns, weil wir uns neurolgisch gesehen an ihn erinnern und neuronale Repräsentationen von ihm in uns erzeugen. Dies geschieht etwa durch das Bibellesen oder durch die Feier des Abendmahls1.

Traditionelle Vorstellungen vom Leben nach dem Tod

Die Erinnerung an einen Toten spielt in traditionellen Gesellschaften eine zentrale Rolle für das Leben nach dem Tod. Solange sich noch jemand an den Toten erinnert, er noch nicht vergessen ist, lebt er noch weiter. Erst wenn der letze seiner Nachfahren verstorben ist, der sich noch aktiv an ihn erinnern kann, gleitet der Tote in das Totenreich in dem es keine Erinnerung mehr gibt.(( Mbiti, African religions and philosophy.))

Sehr schön wird dieser Gedanke in dem Film „Troja“ mit Brad Pitt beschrieben, in der Szene wo er als Achill mit seiner Mutter Thetis über seine Entscheidung spricht nach Troja zu gehen. Entweder er bleibt zuhause, gründet eine Familie und wird solange von seinen Nachfahren eine zeitlang in liebevoller Erinnerung gehalten, oder er geht nach Troja, stirbt im Kampf und wird durch seinen Ruhm unsterblich.

Solange sich man noch an den Toten erinnert, haben er und seine Gedanken noch Auswirkungen auf die Lebenden.

Das „Weiterleben“ von historischen Persönlichkeiten in der Erinnerung

Natürlich gibt es viele historische Persönlichkeiten, an die wir uns noch erinnern, meistens eben weil es über ihr Leben schriftliche Aufzeichnungen gibt. Allerdings ist ihr Einfluss auf die Gegenwart unterschiedlich.

Gaius Julius Caesar hat selbst zwei Bücher geschrieben((bellum gallicum und bellum civile)) und er hat dadurch dass sein Name „Caesar“ zum Titel „Kaiser“ geworden ist nachhaltig den Gang der Geschichte über Jahrhunderte beeinflusst. Trotzdem kann man seinen Einfluss nicht mit dem von Jesus Christus vergleichen. Die vier Evangelien die von seinem Leben berichten, werden in Gottesdiensten um die ganze Welt verlesen, von Menschen studiert und meditiert, in einem Umfang, wie man es von den Werken Caesars sicherlich nicht behaupten kann, der allenfalls für Lateinschüler und Historiker interessant ist.((Allein die Zahl der historischen Handschriften ist hier aufschlussreich. Von Caesars Werken gibt es nur wenige, von der Bibel hunderte))

In der Klasse von Jesus können da höchstens noch andere Religionsgründer, wie Mohammed oder Budda mitspielen. Allerdings lehren diese Religionen nicht die Auferstehung ihrer Gründer.

Auferstehung das spezielle christliche Feature

Die Wurzel des Christentums liegt genau darin, dass die Jünger die Erfahrung der Auferstehung machten. Deswegen sehen sich Christen bis auf den heutigen Tag ermutigt, an die Gegenwart Jesus in ihrem Leben zu glauben. Deshalb haben auch die neuronalen Repräsentationen von Jesus eine ganz andere Dimension als in anderen Religionen. Es ist eben nicht ein toter Gesetzeslehrer, der zu uns spricht und an uns an das Einhalten seiner Gebote ermahnt, sondern jemand der lebendig ist und in unser Leben hineinwirkt.(( Sehr schön kann dies am Beispiel der neutestamantlichen Prophetie gezeigt werden. Jesu Offenbarung war eben nicht mit seinem Tod abgeschlossen, sondern die Christen glaubten, dass er weiter zu ihnen durch den heiligen Geist sprach)) Dieses Feature der Lebendigkeit ist deshalb etwas genuin christliches und so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal.

Von daher ist es auch die zentrale Aufgabe der Kirche, dieses Jesus Christus als den Auferstandenen zu vergegenwärtigen und ihn in den Mittelpunkt zu stellen. Alles andere mag vielleicht gutes Brauchtum, gute ethische Lehre, nicht falsch. Aber es macht die Kirche noch nicht zur christlichen Kirche zur Kyriake, dem Herrn gehörig.

Die Macht der Inneren Bilder

Um die Macht der Auferstehung zu begreifen, müssen wir verstehen, welche Macht innere Bilder und Vorstellungen haben.((Vgl. Hüther, die Macht der inneren Bilder; und darauf aufbauend Grün, Die heilsame Kraft der inneren Bilder)) Information scheint ja gegenüber harten Fakten nur soft facts zu sein. Das stimmt aber eben nicht. Wie einige Beispiele zeigen.

  • Unser eigenes Leben beruht auf den Informationen, die in unserer DNS gespeichert sind.
  • Kriege werden unter anderem dadurch entschieden, wer die Macht der Bilder und Informationen besser ausspielen kann.

Man kann das natürlich philosophisch so weit auf die Spitze treiben, das man fragt:

Was war zuerst da: die Henne oder das Ei?

Oder: Die Information oder das was durch diese Information geschaffen und geformt wurde.2

Auferstehung in der Praxis

Soweit die Theorie. Was aber heißt das für die Lebenspraxis? Wir bleiben als einzelne Christen und als Kirche hinter unseren Möglichkeit zurück, wenn wir von Jesus nur als einem guten Menschen, einem ethischen Lehrer oder einem Religionsstifter sprechen. Die einzige Alternative, die ich sehe, ist dass wir die neuronale Repräsentation Jesu durch Erinnerung an ihn aktivieren und dies mit der Vorstellung seiner Lebendigkeit kombinieren. Erst das macht uns zur Christen und zur christlichen Kirche.

Auf persönlicher Ebene. geschieht dies durch Bibellesen, Mediation, Gebet uns.

Auf sozialer Ebene geschieht, dies durch Feiern von Gottesdiensten. Dabei kommt es weniger auf eine feste Liturgie an, sondern auf das was hinter hier stehen soll: Vergegenwärtigt sie Jesus als den Auferstandenen und schafft sie damit eine gemeinsame neuronale Repräsentation, die die Anwesend verbindet.

  1. Burkhardt, Neuronale Theologie, S. 65 []
  2. wir befinden uns damit MItten in der platonischen und aristotelischen Debatte nach den Ideen und ihrer Priorität oder Posteriortät gegenüber den sichtbaren Dingen []