Dreieinigkeit (Gedicht)

Prolog

Das Kreuz Christi steht.
Es ist aufgerichtet als ein Siegeszeichen.
Über mir das helle Licht seines Sieges,
unter mir die Nacht der Finsternis.
Doch das Kreuz reicht hinab
vom Himmel des Lichts,
hinunter bis in die tiefsten Winkel,
weiter als ich denken kann,
weiter als ich fühlen kann.
Durch das Kreuz wird die Finsternis zum Tag
und die Hölle zum Himmel.
Denn Christus ist gekommen,
dem Tode die Macht zu nehmen,
auf daß er sei Gott alles in allem
von nun an bis in alle Ewigkeit.
Amen.

Christus der Retter

Mauern aus Stahl hielten meine Seele gefangen,
Mauern der Angst, der Schuld und Verzweiflung,
Mauern des Stolzes, der Überlegenheit und des Verstandes,
Mauern des Selbstmitleids, der Minderwertigkeit und der Lüge.
Doch Du hast sie zerbrochen. Hast mir den innersten Kern gezeigt,
ich wollte verweilen, Ruhe in Dir zu erlangen.
Du aber hießest mich gehen, das Innerste eine zeitlang zu meiden,
hinaus den Menschen ein Diener und Dir ein Helfer.
Unmerklich bautest Du weiter in meinem inneren Hause.
Ist es nun wieder so weit? Stehe ich nun mit Dir hier zusammen,
schaue mit Dir in das unendliche Meer meines Verlangens?
Die immer drehende Mühle meines Verstandes sie steht,
von Deinen unsichtbaren Händen zum Stehen gebracht,
stehe ich nun vor Dir, Du mein Gott und Erlöser.
Weit breitet sich vor unseren Augen aus der Abgrund voller Fragen,
weit, weit, so weit das Auge reicht nichts als die Fragen der Zeit.
Wir stehen zusammen, Hand in Hand,
allein könnt' ich's nicht ertragen.
Ein Abgrund von Tränen, voller verlorener Zeit,
voller Haß, voller Neid, voll Unzufriedenheit,
voller Begierde, voll Leidenschaft,
voller Stolz, dem Größenwahnsinn gleich,
voller Angst und Verlorenheit,
ein Abgrund voll von Einsamkeit,
so weit, so weit das Auge reicht.
Bilder der Vergangenheit steigen auf, erschrecken mich.
Trübe Phantasie umnebelt mir die Sinne.
Das Lied vom Tod dröhnt tief in meinen Ohren.
schreckliche Gespinste ziehen mich nach vorne
hinein, hinein, du wirst verloren sein.
Begierde ergreift mich, versucht mich zu überwinden,
nach Macht, nach Fleisch, gaukelt vor Seligkeit.
Ich stehe nicht mehr, ich wanke, ich schwanke zu dem Abgrud hin,
der Tod erscheint mir nahe, zitternd schreit meine Kehle ins Nichts.
Blut, Blut, kostbares Blut strömt auf mich herab.
Du hängst über mir an meinem Kreuz,
Dein Schrei durchbricht die Nacht:
"Es ist vollbracht!"
Hatte ich nicht alles so gut verborgen,
mit gut gekünstelter Position meine Schwäche überspielt?
Ein Bollwerk nach dem anderen errichtet um zu bestehen?
Niemand hat hier Zugang, niemand darf hinein.
Wo ich kann nicht bestehen, wer dürfte da mich sehen?
Wehe, wer hier tritt herein, der wird des Todes sein!
Ich hasse den, der mich entblößt, der meine Schmerzen sieht.
Ich sitze lieber ganz allein! Niemand darf hinein! Zu! Weg!
Verdrängt vor jedes Menschen Angesicht und vor mir selbst!
Du kamst und zahltest den Preis. Dich traf mein Zorn.
Ich schrie: " So kreuzigt ihn!
Der meiner Seele Ring zerbrochen, mir nahm all meine Sicherheit.
Der mir das Herz zerbrach in tausend Stücke, mich machte arm und leer und bloß.
Es kann nicht sein, daß dieser weiterlebt.
Fort! Weg! Ans Kreuz mit ihm!"
Du hängst am Kreuz, Blut fließt aus vielen Wunden.
Die Zeit wird lang, die Schmerzen unerträglich.
Du bist nun nackt, Du bist nun bloß.
Die Gaffer stehen und spotten.
Dein Haupt zerschunden von der Dornenkron,
die Sonne brennt auf Dir,
doch Du bist in der Finsternis,
getrennt von Gott stirbst Du den Tod.
Doch du sprichst:
Vater vergib,
denn sie wissen nicht,
was sie tun.
Stille des Todes weht über Golgatha.
Leichengeruch überall,
Vögel hungrig nach Aas in der Luft.
Den Himmel bedecken Wolken.
Matt schimmert die Sonne hervor,
die ihren Glanz verlor.
Menschen stehen vor Dir,
sehen Deinen erkalteten Leib.
Der Himmel zuckt Blitze aus,
die Erde bebt,
der Vorhang zerreißt,
das Wort ist Fleisch.
Wächter liegen am Boden zerstreut.
Der Stein ist fort,
das Grab ist leer.
Du lebst.
Du stehst neben mir,
Hände und Füße durchbohrt,
vor mir der Abgrund meiner selbst:
"Ich habe es für dich getan,
weil ich dich liebe.
Ich will, daß du frei
und unbeschwert leben kannst.
Ich habe von dir und für dich
diesen Abgrund mit meinem Leben erkauft.
Willst du ihn mir geben?"
Er gehört nicht mehr mir, in ihm wohnt Dein Kreuz,
auch dort bist Du Herr und es ist gut.
Der Abgrund schweigt, seine Macht ist gebrochen.
Frieden herrscht, der höher ist als alle Vernunft.
Ich höre Singen, Spielen und Lachen.

Das Fest des Vaters

Ich liege vor der Tür,
drinnen Singen und Lachen.
Das Fest, es dauert schon so lange.
Wann hört das einmal auf,
wann beginnt für die da drin der Ernst des Lebens?
Eine Stimme ruft mir zu:
"Komm herein, wir wollen feiern!"
Doch ich stehe traurig draußen.
Will mich gerne freun und kann es nicht,
tief in meinem Innern nur ein schwaches Licht,
wird so bald verlöschen.
Wer versteht denn meinen Schmerz,
wer, ach wer kennt mein Herz?
Das so dunkel und finster ist,
nein heute freuen, das kann ich nicht.
Gestalten gehen aus und ein.
Freude strahlt auf ihren Gesichtern.
Ich bin hier draußen ganz allein.
Niemand hat acht,
wer da am Wegesrand nicht mitlacht.
Niemand bleibt stehen,
will meine Wunden ansehen.
Ich bin allein. Einsam bin ich.
Mir ist kalt. Keine Wärme find ich.
Sterbend und lebend zugleich.

Du bleibst stehen, siehst mich an,
gehst den einen Schritt zu mir hinüber,
faßt mich bei der Hand und sagst:
"Laß alles stehen! Heute wirst du mit mir gehen
zu dem Fest, das alle Ewigkeit meinen Vater lobt und preist."
Du ziehst mich hoch, es zittern mit die Füße.
Du gehst voran, ich folge Hand in Hand
durch das Tor der Zeit staunend in die Ewigkeit.
Licht! Schützend hebe ich die Hand vor die Augen.
Die Stadt Gottes unter den Menschen: Jerusalem.
Golden sind ihre Straßen und immerwährend ihr Tag.
Tausend mal tausend mal tausend ist die Zahl ihrer Bewohner,
die das Fest feiern von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Ich rutsche auf dem Goldboden aus.
Noch bin ich es nicht gewohnt.
Du hilfst mir weiter, das macht nichts.
Du legst mir ein weißes Gewand an
und legst meine Hand in die Hand meines himmlischen Vaters.

Der Strom des Lebens

Wie gewaltig kommt der Strom daher
aus Berges Gewalten bricht er hervor
stürzt sein Sein ergießend hinab in die Tiefe
mit schäumender Wasserkron sein Haupt gezieret
Felsen so hoch wie ein Haus treibt er im Spiele
hartes Bergsestein zermalt er zu Sand
Bäume, die ein Mensch nicht umfassen kann,
reißt er wie Zweigen gleich mit sich fort.
Strudel um Strudel drehen sich die Wasser zu Tale
wirbelnd geworfen von unten nach oben und oben nach unten.

Hoch oben verliert sich der Strom in den Felsen,
tausende Rinsale aus ewigem Eis vereinend.
unzuglänglich jedes Menschen Tritt und Blick.
Steil ragt die Wand in den Himmel, wolkenumhüllt.
Unten glitzert der Strom in unendlichen Weiten
breit und schwer durchzieht er das Land
bis er als Meer umschließt, was er durchfließt.

reißt mich mit, trägt meine Seele davon.
Bin aufgehoben, eins im Sein