Ich schmäme mich des Evangeliums nicht


Pfr. Martin Burkhardt predigt über seinen Konfirmationsspruch in Röme 1,13-17

Predigttext

Röm 1,13 Ich will euch aber nicht verschweigen, liebe Brüder, dass ich mir oft vorgenommen habe, zu euch zu kommen — wurde aber bisher gehindert -, damit ich auch unter euch Frucht schaffe wie unter andern Heiden. 14 Ich bin ein Schuldner der Griechen und der Nichtgriechen, der Weisen und der Nichtweisen; 15 darum, soviel an mir liegt, bin ich willens, auch euch in Rom das Evangelium zu predigen.

16 Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen. 17 Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht: »Der Gerechte wird aus Glauben leben.«

Mein Konfirmationsspruch

Ich habe wohl als Konfirmand noch nicht ganz erahnen können, was dahinter steckt

Aber ich habe ihn tatsächlich damals vor 42 Jahren selber ausgesucht

Warum ist dieser Text so wichtig?

Römerbrief als Testament des Paulus

Hat ihm Jahr 56 n. Christus in Korinth geschrieben

Vor seiner Reise nach Jersusalem, wo er dann festgenommen wurde.

Enthüllt weitere Reisepläne

15 darum, soviel an mir liegt, bin ich willens, auch euch in Rom das Evangelium zu predigen.

Nach Jerusalem wollte er nach Rom und sogar noch Spanien reisen

Er kam dann freilich als Gefangener nach Rom

Der letze Brief des Paulus, die Zusammenfassung aller seiner anderen Briefe

Schon im Hinblick auf mögliche Auseinandersetzungen in Jersusalem geschrieben.

Gilt als das theologische Testament des Paulus.

Thema des Römerbriefes

Nach der üblichen Einleitungen nennt Paulus das Thema des Briefes:

16 Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen.

Bedeutung für Martin Luther

Für Martin Luther war diese und andere Stelle von großer Bedeutung.

Was ist diese

die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben;

Ist es eine Gerechtigkeit, die wir erfüllen müssen.

Ist es eine Gerechtigkeit, die wir erfüllen müssen oder eine Gerechtigkeit die uns durch den Glauben geschenkt wird?

Warum wird das Evangelium heute nicht mehr so gehört wie früher?

Evangelium, heißt ja „gute“ oder „frohe“ Botschaft?

Warum macht sie heute nur noch wenige Menschen froh?

Warum wird sie heute nicht mehr so freudig aufgenommen wie damals?

Es gibt verschiedene Gründe warum die Botschaft heute nicht mehr so gehört werden kann wie früher?

Hintergrund früher : Zorn Gottes und nahes Gerichtserwartung

Warum war das Evangelium zur Zeit des Paulus eine frohe Botschaft?

Kurz gesagt: Die meisten Juden 1 lebten damals in der Erwartung eines baldigen Weltendes, der im Alten Testament durch den Tag Jahwes beschrieben wird. Der Messias würde wiederkommen und die Welt richten. Und damit bestand die Frage: Wer würde an diesem Tag vor Gott bestehen. Gott hat durch seine Offenbarung am Sinai dem Volk Israel ein Bundesangebot gemacht. Um diesen Bund zu halten musste Israel die Gesetze Gottes halten. Nun war es aber die Erfahrung, dass Israel darin immer wieder versagte. Die gute Nachricht: Gott schenkt, die für den Bund notwendige Gerechtigkeit selbst. Einzige Voraussetzung. Glaube an Jesus als den Sohn Gottes.

Für die Griechen sah es noch etwas anders aus: Sie waren bisher vom Heil ausgeschlossen, weil sie nicht geburtsmäßig zu Israel gehörten. Sie waren damit quasi automatisch schon verdammt! Durch Jesus war es ihnen nun auch möglich dazu zu gehören, ohne bestimmte Rituale oder Vorgaben einhalten zu müssen.

Dieser Zugang ist aber heute nicht mehr so feinfach. Ich nenne drei Gründe

Heute: von der endzeitlichen Apokalypse zur realen Apokalypse

Heute ist den Menschen das Ende der Welt viel näher als damals! Aber es ist nicht mehr ein Ende der Welt, das quasi von oben als Tag des Gerichts über die Welt hereinbricht, sondern ein Ende, das wir uns Menschen uns selbst bereiten können:

Szenario 1: Der Atomkrieg, der alles Leben auf Erde auslöscht

Szenario 2: Die Änderung des Klimas führt zu einem weltweiten gesellschaftlichen Kollaps.

Um diesen Szenarien zu entkommen müssen wir in erster Linie nicht vor Gott gerecht handeln, sonder das richtige Tun. Weil wir nun über das Weltende selbst bestimmen können, müssen wir auch selbst herausfinden, was gerecht und gut für uns ist.

Beispiel Zukunftsforscher Matthias Horx 2 läßt in einer fiktiven Szene die Götter auf dem Olymp beraten, wie sie die denn die Menschen zur Umkehr bewegen können. Vulkanausbruch, Atomkrieg alles schon da gewesen, hat nichts genützt. „Lasst uns mal was neues ausprobieren“ sagt ein Gott und entwickelt die Idee von Coronavirus. Horx glaubt aber nicht an Gott oder die Götter. Für ihn ist das neue an der Krise, dass die Menschen nun nicht mehr in die Kirchen rennen und hilflos Gott anflehen, sondern ihr Schicksal selber in die Hand nehmen: Virologen, Krankenschwestern und Ärzte sind die neuen rettenden Engel.

Heute: vom richtenden, zornigen Gott zum liebenden Gott

Die Reformatoren sind gegen den strafenden zornigen Gott zu Felde gezogen. Sie waren erfolgreich, sehr erfolgreich so gar.

Heute wagt es fast niemand mehr vom strafenden oder zornigen Gott zu reden. Gottes Liebe wird allumfassend und es wird immer undenkbar, dass er in seiner Liebe jemanden ausschliessen könnte.

Beispiel Homosexualität. Nach unserem Abschnitt im Römerbrief beginnt Paulus über den Zorn Gottes zu sprechen. Darunter fallen auch Anspielungen des Paulus über homosexuelle Praktiken. Für Paulus und für Luther eindeutig eine Verfehlung, die unter das Gericht Gottes fällt. Heute sieht das die Gesellschaft und der größte Teil der Kirche anders. Auch für homosexuelle Menschen gilt, dass sie durch Gottes Liebe voll und ganz angenommen und bejaht sind.

Heute: vom freudigen Dazugehören zum Gesellschaftstrend Kirchenaustritt

War man früher froh durch Jesus Kind Gottes geworden zu sein und zur Heilsgemeinschaft der Kirche zu gehören, wird das heute eher ein Last. Ein Last Kirchensteuer zu zahlen, eine Last zur Kirche zu gehen, eine Last sich in der Kirche zu engagieren….

Das Evangelium heute

Wir müssen uns also fragen:

; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen.

Worin besteht die Kraft Gottes heute?

Was heißt selig werden, was nichts anders als „gerettet werden“ heute?

Angebot: ein fester Grund

Die Bibel kann nicht alles erklären, da müssen wir ehrlich sein, aber Vieles.

Dogmen und Kirchenlehre haben ihre unvergleiche Schönheit und Tiefe

Und so ein festes Gebäude hat auch heute seinen Reiz noch nicht verloren.

Aber viele sehen sich dadurch eingeengt.

Aber es macht wohl keinen Sinn, mit christlichen Lehrsätzen zu werben.

Sie machen eigentlich nur Sinn, wenn man die Kraft des Evangeliums erfahren hat und man versucht diese Erfahrung einzuornden.

Ohne diese Kraft werden sie zu einem leeren Korsett, das man nur all zu schnell los werden will.

Und tatsächlich fängt der Glaube ja da an, wo unser Verstehen und Begreifen aufhört.

Angebot: Dynamisierung unseres Lebens durch Christus

Wir brauchen also eine Dynamisierung unseres Lebens. Nun gibt es sicherlich viele gute und sinnvolle Möglichkeiten, seinem Leben neuen Schwung zu verleihen, aber ich stelle mal die These auf, dass nichts so stark und nachhaltig ist, wie von und durch Christus her zu leben. Das kann ich heute nur andeuten, aber nicht ganz ausführen.

Von innen her leben

Die entscheidende Erkenntnis des Paulus ist, das Leben nur zum Teil durch äußere Gebote und Gesetze gestaltet werden kann. Die wahre Erfüllung des Lebens muss von innen her kommen.

Gebot und Gesetze können uns nur äußerlich durch Strafe und Zorn motivieren. Echtes Leben und echte Motivation kommt von innen her.

die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht: »Der Gerechte wird aus Glauben leben.«

Die moderne Psychologie sieht hier den großen Unterschied zwischen äußererer und innerer Motivation 3. Alle wirklichen und nachhaltigen Veränderungsprozesse müssen von Innen kommen.

Wie aber kommen wir zu dieser inneren Motivation: Die moderne Psychologie hat hier nur den „Glauben an uns selbst“. Das ist auch gut und richtig so, aber er reicht eben nicht bis in die tiefsten Tiefen.

Kurz gesagt: Wenn Christus, wie Paulus sagt“ in uns ist, wenn seine Liebe ausgegossen ist durch den Heiligen Geist, dann ist das die stärkste innere Motivation, die wir haben können.

Die Krise(n) überwinden

Glaube wird ja dann erst interessant, wenn unser schönes auch christliches Weltbild zusammenbricht. Wenn also nichts mehr zusammenpassen scheint. Und nichts mehr so war, wie es früher mal wahr.

Ich spreche von den Krisen, des Lebens und davon haben wir ja in letzter Zeit mehr als uns lieb ist gehabt.

Jetzt ist die Zeit des Glaubens!

Sie können es nehmen wie sie wollen:

  • Entweder hat sich Religion im Laufe der Zeit als Überlebensmechanismus in unseren Gehirnen entwickelt
  • Oder Gott hat uns durch eine Offenbarung, diesen Glauben für solche Zeiten wie diese geschenkt.

Im Ergebnis läuft es auf das Selbe hinaus: Glaube und Spiritualität haben das Potential uns in Krisensituationen, stark zu machen. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit, diese Krise zu überleben und sogar noch gestärkt aus ihr hervor zu gehen, wesentlich erhöht.

Lasst uns dieses Potential jetzt entfalten und nutzen!

Kurz gesagt: Natürlich gibt es viele Angebote auf dem religiösen Markt und manche sind durchaus hilfreich, aber warum vieles Ausprobieren und nicht gleich zum Original greifen: Jesus umfasst alles, das Leben und den Tod

Die Kraft des Neubeginns

Damit bin ich beim letzen Punkt.

Was machen sie, wenn ihr Computer oder ihr Handy festhängt. Richtig sie ziehen den Netzstecker oder drücken den Resetknopf!

In machen Lebenssituationen würde ich mir auch so einen Resetknopf wünschen. Aber so einfach ist das bei uns Menschen nicht.

Zumindest können wir uns nicht selber reseten. Auch Computer können das nur begrenzt!

Ich glaube, dass am Ostermorgen Gott auf den Resetknopf gedrückt hat:

„Neue Schöpfung“ nennt die Bibel und die Theologie das.

Ohne das jetzt zu optimistisch zu sein.

Ich denke es ergeben sich für uns daraus ungeheure Möglichkeiten sowohl im persönlichen, im sozialen als auch im globalen Bereich.

Wir dürfen, wir können, immer wieder neu anfangen!

Das Abendmahl das wir feiern nannten, die Alten „das Heilmittel für die Unsterblichkeit“

Die Beichte die feiern ist die Feier des Neugebninns.

Kurz gesagt: Weil Jesus auferstanden ist, haben wir in ihm und durch ihn Zugang zur neuen Schöpfung Gottes. Auch wenn wir manches davon nicht verstehen und verstehen können. Hier kommt auf jeden Fall die Kraft her von der Paulus spricht. Die Kraft die uns rettet.

Ich schäme mich des Evangeliums nicht

Es gibt heute viel Gründe sich zu schämen:

  • Für die Fehltritte der Kirche
  • Den Mißbrauchskandal
  • Für ein Evangelium, das sie Kraft verloren hat.

…. Die Liste ist lang

Aber für ein Evangelium, das deine Kraft ist, eine Kraft die von Gott kommt.

Eine Kraft, die nicht nur in Dogmen besteht, sondern

die mein Leben und das Leben von Menschen dynmisiert

brauche ich und will ich mich nicht schämen

und es auch weiterhin mit aller Kraft verkündigen, die mir geschenkt ist.

  1. Zur Zeit Jesu war das Judentum noch in mehrere Gruppen zersplittert, so dass man generell keine Aussagen machen kann[]
  2. Die Zukunft nach Corona, 4. Aufl. 2020[]
  3. extrinsisch und intrinsisch[]