Elemente
Grenzen sind notwendig
Das Modul „Element“ gliedert unser Leben in ein „Innen“ und „Außen“. Damit begrenzt es unser Leben. Es macht unser Leben überschaubar, in dem es eine Grenze einführt. Für das Denken und unser Leben sind solche Grenzen notwendig. Das Wort „definieren“ kommt von dem lateinischen Wort finis „Grenze“. Ohne festabgesteckte Grenzen können wir nicht denken und auch nicht leben. Das mag nach „Schubladen“-Denken aussehen, aber ohne „Schubladen“ können wir unsere Welt nicht ordnen.
Du und Ich
Die eigenen Grenzen zu kennen ist wichtig. Es gibt in meinem Leben ein „Innen“ und „Außen“, ein „Du“ und ein „Ich“.4 Ich muss lernen zu unterscheiden, was ich bin und was ich nicht bin. Nur wer das kann, ist eine ausgereifte Persönlichkeit.5
Fehlentwicklungen
Menschen, die nicht zwischen „Du“ und „Ich“ unterscheiden können, versuchen entweder ihre Grenzen auszudehnen und das „Du“ zu vereinnahmen oder sie reißen alle Grenzen nieder, damit das „Du“ das „Ich“ ganz in sich aufnehmen kann. Menschen, die das „Du“ in Besitz nehmen wollen, sind psychische oder physische Gewaltmenschen. Sie wollen das „Du“ letztlich in ihre Gewalt bringen und es damit zerstören. Menschen, die ihr eigenes „Ich“ zu Gunsten des „Du“ aufgeben, haben kein Rückgrat. Sie hängen ihre Fähnchen in den Wind. Sie haben keine Geheimnisse und lassen ihr „Ich“ förmlich für das „Du“ zerfließen.
Von der Weisheit die eigenen Grenzen zu erkennen
Wir sind begrenzt. Aber diese Grenzen engen uns nicht ein, vielmehr geben uns Grenzen unsere ureigene Würde: „Meine Würde liegt in meiner Begrenztheit“. Es gibt viele Dinge in unserem Leben, die wir nicht ändern können. Darüber brauchen wir uns gar keine Gedanken zu machen, denn sie liegen außerhalb unserer Grenzen. Nur was innerhalb meiner Grenzen liegt, dafür bin ich verantwortlich. Wer mehr sein will, als er ist, wer mehr tun will, als er kann, lebt im Zustand der Selbstüberschätzung. Wer weniger sein will, als er ist, wer weniger tun will, als er kann, lebt im Zustand der Selbstunterschätzung. „Zur Meisterschaft gelangt der, der seine Kräfte richtig einsetzt. Der Meister weiß, dass die Kräfte begrenzt sind, aber er weiß auch, dass, wenn er die Kräfte richtig einsetzt, aus Wenigem Viel werden kann.“ Das Vorbild Jesu Jesus ist gerade dadurch der wahre Mensch, in dem er sich selbst von Gott unterscheidet. Er ist der Sohn und nicht der Vater. „Der Sohn vermag nichts von sich aus zu tun, sondern tut nur, was er den Vater tun sieht.“ (Joh. 5,19).
Beziehungen
Beziehungen sind grundlegend für unser Leben. Kein Mensch ist ohne Beziehungen. Er hat Vater, Mutter, Kinder, Nachbarn, Freunde, Kollegen. Und selbst wenn ein Mensch als Einsiedler in der Wildnis leben würde, so hätte er doch Beziehungen zu den Tieren des Waldes. Leben ohne Beziehungen ist undenkbar.
Gott selbst ist Beziehung
Leben ist Beziehung, weil Gott selbst Beziehung ist. Im christlichen Sinn ist Gott einer, aber in sich selbst ist er Beziehung. Gott ist Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist. Sie sind aber so innig miteinander verbunden, dass sie vollkommen eins sind. Diese Einheit bedeutet aber nicht, dass die Besonderheiten von Vater, Sohn und Heilgem Geist ausgelöscht oder vermischt werden, sondern trotz ihrer vollkommenen Einheit bleiben sie dennoch Vater, Sohn und Heilger Geist. Die vollkommene Beziehung bedeutet demnach vollkommene Einheit bei Bewahrung der Integrität der Einzelperson.
Mann und Frau als Ebenbild
Da der Mensch Gottes Ebenbild ist, ist er ebenfalls auf Beziehung hin angelegt. Nur als Mann und Frau ist er gemeinsam Gottes Ebenbild (Genesis 1,27: „Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib.“) Kennzeichen einer wahren Beziehung Nur derjenige kann letztlich eine wahre Beziehung eingehen, der zwischen dem „Ich“ und dem „Du“ zu unterscheiden weiß; wer sich selbst ganz hingibt, um völlige Einheit zu erlangen und dabei doch ganz er selbst bleibt.9
Zugang zum wahren „Ich“ und „Du“
Auch wenn die Grenzen zwischen „Ich“ und „Du“, zwischen „Innen“ und „Außen“ gezogen sind, heißt das noch lange nicht, dass es zu einer wirklichen Begegnung zwischen „Ich“ und „Du“ kommt.10 Grenzen zwischen „Ich“ und „Du“ sind notwendig, aber für eine wirkliche Beziehung ist es auch notwendig, dass diese Grenzen durchlässig sind. Um einen wahren Zugang zum „Du“ zu haben, muss ich aber auch einen wahren Zugang zum eigenen „Ich“ haben.11 Ich muss mein „Ich“ kennen und es in der Tiefe angenommen haben.12 Dies schließt auch gerade den Zugang zu mir als schwachem Menschen mit ein. Ich muss mich als Mensch in meiner Menschlichkeit kennen und annehmen. Es scheint nun aber gerade das Verhängnis von uns Menschen zu sein, dass wir keinen wahren Zugang zu unserem „Ich“ finden und so auch keinen wahren Zugang zum „Du“. Wir scheitern daher, wirkliche Beziehungen zu haben, wie es unserem Wesen als Ebenbilder Gottes entsprechen würde. Diesen Zustand kann man als Sünde bezeichnen. Der einzige Ausweg ist, dass unsere Gottesebenbildlichkeit erneuert wird und wir dadurch wieder beziehungsfähig werden.
Beziehung ist immer ein Wagnis
Beziehungen kann man nur durch Beziehungen lernen. Kein Mensch ist reif für Beziehungen, er lernt immer dazu. Jede Beziehung bleibt deshalb ein Wagnis und Abenteuer
Strukturen
Eine Vielzahl von Beziehungen bilden das Netzwerk unseres Lebens Der Mensch hat nicht nur eine Beziehung, sondern er steht in einer Vielzahl von Beziehungen. Er ist Sohn, Tochter, Enkelkind, Bruder, Schwester, Frau, Mann, Vater, Mutter, Freund, Schulkamerad, Arbeitskollege, Vorgesetzter, Untergebener und vieles mehr.
Gestaltung der Beziehungswelt
Der Mensch steht vor der Aufgabe dieses Beziehungsnetzwerk zu gestalten, es zu strukturieren und zu ordnen. Es muss ihm darum gehen die Komplexität dieses Netzwerkes zu reduzieren. Die Ehe ist ein gutes Bespiel. Anstatt mit allen möglichen Sexualpartnern eine intime Beziehung anzufangen, beschränkt man die Sexualbeziehungen auf den legitimen Partner.13 Vertragliche Regelungen von Beziehungen haben dieselbe Aufgabe. Sie reduzieren die Vielfalt der Beziehungen, indem sie Beziehungen normieren und reglementieren. Erst die Reduktion möglicher Beziehungen, das Schaffen „geordneter Verhältnisse“, ermöglicht es uns sinnvoll zu handeln, in dem wir Prioritäten setzen. In den traditionellen Gesellschaften erfolgt die Reglementierung von Beziehungen meist über Rituale oder Tabus. Tabus verbieten z.B. den sexuellen Kontakt zwischen Blutsverwandten. Rituale ermöglichen es, in den weit verzweigten Großfamilien allen Familienangehörigen gerecht zu werden.
Spannungen im Lebensnetz
Gelingt es dem Menschen nicht, seine Beziehungen zu strukturieren, kommt es zu Spannungen im Beziehungsnetz. Das eigene Leben wird dann als instabil und brüchig wahrgenommen. Der Mensch versucht sein Leben neu zu ordnen, um wieder in einen stabileren Zustand zu kommen.14 An der Oberfläche sind das meist handfeste Interessenkonflikte zwischen zwei Beziehungen (z.B. zwischen Familie und Beruf). In der Tiefe können Spannungen aber unsichtbar in meinem Lebenssystem verwurzelt sein.15
Zentrierung des Lebensnetzes
Letztlich kann die Reduzierung der Komplexität des Lebensnetzes nur gelingen, indem die Lebensstruktur zentriert wird. Nur eine zentrierte Person kann zwischen „Außen“ und „Innen“, zwischen „Du“ und „Ich“ unterscheiden. Eine zentrierte Person ruht in sich selber, ohne nach außen oder nach innen zu fallen. Nur eine zentrierte Person kann das komplizierte Beziehungsnetzwerk ausbalancieren und kann trotzt einer Vielzahl von Beziehungen sie selbst bleiben. So benötigen viele Menschen, die beruflich intensiv mit anderen Menschen zu tun haben, eine Phase der „Re“-Zentrierung, in dem sie sich wieder sammeln und zu sich selbst kommen. Als Christen glauben wir, dass die Zentrierung unseres Lebensnetzes nur dann gelingen kann, wenn Gott unser transzendentes Zentrum ist