Zusammenfassung
Als Paradebeispiel für die Module Element, Beziehung und Struktur kann die Philosophie dienen. Ihr Probleme lassen sich auf wenige Begriffereduzieren, die sich untereinander als Elemente enthalten. Die Begriffe stehen in Beziehung untereinander. Durch unterschiedliche Anordnung entstehen verschiedene Strukturen, die den wichtigsten philosophischen Systemen entsprechen.
Elemente
Natur
Als Elemente der Natur können
- die atomaren und subatomaren Bausteine (Atome, Elektronen usw.),
- die anorganischen und organischen chemischen Substanzen,
- die verschiedenen Arten des Pflanzen- und Tierreiches aufgefasst werden.
Ich vereinfache, indem ich folgende Elemente zusammenfasse: Unbelebte Natur, Pflanzen und Tiere
Denken
Fraglich ist, ob der Mensch nur eine weitere Tierart ist oder als eigenes Element gesehen werden muss. Gehört der Mensch überhaupt zur Natur? Da Menschen sich selbst und gegenseitig wahrnehmen können, schließe ich den Menschen in die folgende Darstellung mit ein. Elemente des Denkens sind
- einerseits die Gegenstände, die wir wahrnehmen, also in erster Linie alle Elemente unserer natürlichen Umwelt, der Natur.
- Elemente des Denkens sind aber auch alle Abbildungen dieser Gegenstände in unserem Denken, also alle Begriffe, Vorstellungen und Ideen.
Ich vereinfache wieder indem ich auf zwei Elemente reduziere: die Natur als unsere natürliche Umwelt und ihre Abbildung in unserem Denken als Weltbild.
Mensch
Als Elemente des Menschen kann man zunächst seine einzelnen Körperbestandteile sehen: Herz, Lunge, Niere, Knochen, Sehnen, Haut und Haare. Ich fasse zusammen und sage. Alle diese „Organe“ hat der Mensch auch mit den Tieren gemeinsam. Also ist ein Element des Menschen die Natur. Allerdings zeichnet sich der Mensch durch sein Denken gegenüber den Tieren aus, so dass ich Denken als das zweite Element des Menschen hinzunehme.
Gesellschaft
Der Mensch ist ohne Zweifel das wichtigste Element der Gesellschaft. Aber gehört nicht zur Gesellschaft auch noch eine gemeinsame Idee, ein gemeinsames Weltbild oder Gott als das Zentrum der Gesellschaft hinzu?
Welt
Zur Welt des Menschen gehört seine natürliche Lebensumgebung, die Natur. Dazu gehören aber auch sein Denken, er selbst und die Gemeinschaft der Menschen, in der er lebt. Zum Weltbild des Menschen können jedoch auch Elemente gehören, die zumindest empirisch nicht wahrnehmbar sind, so etwa seine Vorstellung über Gott
Gott
Kann Gott als Element unseres Denkens verstanden werden? - Der Begriff „Element“ setzt ja voraus, dass Gott damit ein Teil von etwas wäre, dem er untergeordnet wäre. Damit stehen wir vor einer Aporie. Wir können über Gott nicht nachdenken, ohne ihn zu einem Element unseres Denkens zu machen, gleichzeitig unterwerfen wir damit Gott unserem Denken.
Beziehungen und abgeleitete Strukturen
Formale Element-Beziehungen
In der Philosophie kommen folgende Beziehungen zum Tragen. Je nachdem, welche Beziehung angewandt wird, ergeben sich daraus unterschiedliche Strukturen, auf die wir im nächsten Abschnitt eingehen werden.
Name | Erläuterungen | verwandte Beziehungen | abgleitete Strukturen |
---|---|---|---|
A ist in Einheit mit B | A und B bilden eine gemeinsame Struktur, in der mögliche Gegensätze aufgehoben sind | oder /Vereinigungsmenge | Netz |
A und B sind eine „Zweiheit“ | A und B lassen sich nicht vollständig mit einander zu einer Struktur verbinden. | und / Schnittmenge | Netz |
A hat Priorität vor B | A wird gegenüber B der Vorrang gegeben | entweder oder / A ohne B | |
A ist in Balance mit B | Beide Elemente werden berücksichtigt, aber sie lassen sich nicht in eine Einheit bringen | Vereinigungsmenge ohne Schnittmenge | Netz |
A transzendiert B | A baut auf B auf und geht über dessen Möglichkeiten hinaus | B ist Teilmenge von A. | Baumstruktur |
Naturbild
Als Beispiel für die Beziehungen der Elemente des Begriffs Natur verwende ich die Elemente „Tiere“ und Pflanzen.
Beziehungen | Erläuterungen | abgeleitete Strukturen |
---|---|---|
Tiere und Pflanzen sind eine „Zweiheit“ | Tiere und Pflanzen sind zwei unterschiedliche Lebensformen, die sich nicht zu einer Einheit verbinden lassen. | Netz |
Tiere haben Priorität vor Pflanzen | Tiere sind meist stärker als Pflanzen, d.h meistens fressen Tiere Pflanzen und nicht umgekehrt. | Baumstruktur |
Tiere und Pflanzen sind in Balance | Tiere und Pflanzen benötigen sich gegenseitig zum Überleben | Netz |
Tiere transzendierten Pflanzen | Tiere sind höher entwickelte Lebewesen als Pflanzen | Baumstruktur |
Eine andere Variante ist die einer Baumstruktur. Die Elemente transzendieren sich und entwickeln sich höher.
Philosophische Grundrichtungen
Die Beziehungen der Elemente des Denkens „Natur“ und „Weltbild“ lassen sich auf drei Arten darstellen. Daraus ergeben sich die drei großen philosophischen Denkansätze als Strukturen.
Beziehungen | Erläuterungen | abgeleitete Strukturen |
---|---|---|
Natur hat Priorität vor dem „Weltbild“ oder die Natur transzendiert das Weltbild | Unser Weltbild ist nur ein Abbild der uns umgebenden Wirklichkeit, ein Produkt unseres Verstandes. Die Natur ist unendlich größer als unser Weltbild. | Materialismus |
Weltbild hat Priorität vor Natur, bzw. transzendiert die Natur | Die Natur ist nur ein Abbild einer Ideenwelt | Idealismus |
Weltbild und Natur bilden eine Zweiheit | Es gibt entweder nur geringe oder gar keine Beziehungen zwischen Weltbild und Natur. | Skeptizismus bzw. Agnostizismus |
Beim Materialismus oder Naturalismus ist die menschliche Erkenntnis nur ein Abbild der Natur.
Der Idealismus setzt eine Ideenwelt voraus, von der die Natur das Abbild ist. Der Mensch kann erkennen, weil er durch sein Denken an dieser Ideenwelt teil hat.
Beim Agnostizismus und Skeptizismus schließlich gibt es nur eine eingeschränkte Beziehung zwischen der Wirklichkeit und der Erkenntnis des Menschen.
Menschenbild
Je nachdem, wie die beiden Elemente des Menschen „Natur“ und Denken“ miteinander in Beziehung gesetzt werden, er geben sich unterschiedliche Menschenbilder:
Beziehungen | Erläuterungen | abgeleitetes Menschenbild |
---|---|---|
Natur transzendiert das Denken | Der Mensch muss primär seine natürlichen Anlagen entwickeln, die ihn in die Nähe zum Tier stellen. | materialistisches |
Natur hat Priorität vor Denken | Der Mensch wird nur als die Summe seiner Körperfunktionen aufgefasst | biologistisch |
Denken transzendiert die Natur | Der Mensch muss ganz von seinem Denken her leben und seine Aufgabe ist es, seine Geistnatur gegenüber seiner Leibnatur zur Entfaltung zu bringen | idealistisch |
Denken hat Priorität vor Natur | Die Natur wird als etwas Negatives gesehen, die es zu verleugnen gilt, um nur das Denken zu verwirklichen. | ethisch rigoristisch |
Denken und Natur sind eine Zweiheit | Der Mensch ist ganz Natur und ganz Denken, beide Elemente sind aber nicht zu einer Einheit verbunden. | existentialistisch |
Denken und Natur sind eine Einheit | Der Mensch ist eine Einheit und ist ganz Natur und ganz Denken | biblisch |
Gesellschaftsstruktur
Die Beziehungen der Elemente von Gesellschaft, können als Beziehungen zwischen zwei Menschen verstanden werden:
Beziehungen | Erläuterungen | abgeleitete Struktur |
---|---|---|
A hat Priorität vor B | A hat eine höhere gesellschaftliche Position als B. A kann sich gegenüber B bei Entscheidungen durchsetzen | Hierarchie |
A ist in Balance mit B | A und B haben eine gleichwertige Position. Entscheidungen müssen durch Kompromisse ausbalanciert werden. | Netze |
A ist in Einheit mit B | A und B bilden eine Einheit, die auch Vorstellungen und Werte umschließt | Kreis |
A und B sind eine Zweiheit | A und B haben eine Beziehung differieren aber in ihren Vorstellungen, Werten | mehrere Zentren |
Weltbild
Unser Weltbild enthält mehrere Elemente, die miteinander verbunden werden können: Natur, Denken, Mensch, Weltbild und Gott. Daraus ergibt sich eine Vielzahl von Beziehungen, die in einer Matrix dargestellt werden können:
Matrix | Natur | Denken | Mensch | Gesellschaft | Weltbild | Gott |
---|---|---|---|---|---|---|
Natur | Natur | |||||
Denken | Menschenbild | Eigenbeziehung | ||||
Mensch | Mensch/Natur | Mensch/Denken | Gesellschaft | |||
Gesellschaft | Gesellschaft/Natur | Gesellschaft/Denken | Gesellschaft/Mensch | Eigenbeziehung | ||
Weltbild | Denken | Weltbild/Denken | Weltbild/Mensch | Weltbild/Gesellschaft | Eigenbeziehung | |
Gott | Gott/Natur | Gott/Denken | Gott/Mensch | Gott/Gesellschaft | Gott/Weltbild | Eigenbeziehung |
Die Vielfalt möglicher Strukturen, die sich aus den Beziehungen des Weltbildes ergeben, lässt sich auf einige Grundformen reduzieren:
Ein dualistisches Weltbild zerfällt in eine Welt und eine Gegenwelt. Meist ist die Welt gut und die Gegenwelt böse. Das Weltbild wird dabei durch zwei sich gegenüberstehende Prinzipien oder Mächte bestimmt. Das Gute und das Böse lässt sich damit unterschiedlichen Ursachen und Welten zuordnen. Die Welt an sich ist damit frei vom Bösen, das nun ganz und gar der Gegenwelt zugeschrieben werden kann.
Ein monistisches Weltbild führt dagegen sowohl das Böse als auch das Gute auf eine einzige Ursache zurück.
Ein materialistisches Weltbild leitet die Welt aus der Materie ab. Der Mensch ist ein Produkt der Evolution einschließlich seines Denkens und einschließlich des Gottesgedankens. Gott existiert damit nicht wirklich, sondern ist nur eine Fiktion des Menschen.
Das idealistische Weltbild geht dagegen von der Wirklichkeit Gottes aus. Gott ist der höchste Gedanke oder die höchste Idee, die alle anderen Ideen und Gedanken, oder das Denken an sich aus sich hervorbringt. Der Mensch ist innerhalb der sichtbaren Welt dasjenige Wesen, das den meisten Anteil an der göttlichen Idee hat, während in der anderen Natur nur noch Spuren der göttlichen Idee vorhanden sind. Dadurch ergibt sich das für das idealistische Weltbild typische Gefälle von Gott als dem höchsten Wesen über das Denken und den Menschen hinunter über Tiere und Pflanzen bis zur unbelebten Natur.
Ein großes Problem des Weltbildes ist es, ob Gott als ein Teil der Welt (Immanenz) oder außerhalb der Welt gedacht wird (Transzendenz). Gott muss, damit er überhaupt vom Menschen erkannt und geglaubt werden kann irgendwie innerhalb der Welt vorhanden sein. Damit muss sich Gott aber auch den Gesetzen dieser Welt unterwerfen, er wird fassbar, aber damit auch verwundbar. Dieser Gedanken scheint aber im Widerspruch damit zu stehen, dass Gott zugleich auch als Schöpfer der Welt über der Welt und damit außerhalb von ihr steht. Eine Gleichsetzung Gottes mit einem anderen Begriff führt schnell zu einem verkehrten Gottesbild:
Gott
Gott ist | Gottesbild, Ideologie |
---|---|
die Natur | Naturreligionen |
das Denken | Idealismus |
der Mensch | Selbstvergottung, Anthropomorphismus |
die Gesellschaft | Nationalismus |
die Welt | Pantheismus |
Die einzige mögliche Beziehung zwischen einem anderen Element und Gott ist die Beziehung der Transzendenz. In der vorhergehenden Lektionen haben wir gesehen, dass es nicht möglich ist, die Einheit im Denken für einen Begriff vollkommen herzustellen. Fragen bleiben offen, die über den Begriff hinaus verweisen.
Begriff | transzendente Fragen |
---|---|
Natur | Mensch als geistiges Wesen |
Zufallsprinzip | Anfang und Ende der Natur |
Denken unendliche Bewegung | transzendente Beziehung |
Mensch | lineares Bewusstsein,Intuition |
Gesellschaft | Zusammenhang und Einheit der Gesellschaft |
Weltbild | Einheit und Begründung der Welt |
Gott wäre dann die Antwort auf diese transzendenten Fragen. Beispiel: Das Zufallsprinzip transzendiert die Natur, d.h „Zufall“ kann mit Elementen der Natur nicht erklärt werden. Es muss daher eine außerhalb der Natur liegende Ursache für den „Zufall“ geben. Diese Ursache ist Gott. Die Möglichkeit, dass Gott mit sich selbst in Beziehung steht , in sich selbst Beziehung ist, verweist bereits auf den Grundgedanken der christlichen Trinitätslehre.