Glaube

Neuronale Definition

Der Glaube1  ist ein geschützter Bereich innerhalb des neuronalen Netzes. In diesem Bereich des Netzes bestehen Aktivierungsmuster, die durch eine permanente Aktivierung eine dem ganzes Netz eine gewisse Stabilität geben . Die permanente Aktivierung wird ausgelöst durch theologische Begriffe wie

usw. Durch die Aktivierung des Glaubens befindet sich unser neuronales Netz in einem sicheren Zustand.

Evolutionärer Bedeutung des Glaubens

Evolutionärer Vorteil

Im Laufe der Evolution hat der Mensch den Neokortex ausgebildet, der ihn von anderen Lebewesen unterscheidet. Er verfügt damit im Vergleich zu den Tieren über ein erhebliches Maß an neuronaler Rechenleistung.

Der evolutionäre Vorteil des Neokortex hat aber auch Nachteile. Auf Grund unser neuronalen Rechenleistung können wir uns die Wirklichkeit mehrdimensional vorstellen. Wie sie war, wie sie ist und wie sie sein könnte. Dabei vermögen wir praktisch unendlich viele Möglichkeiten oder Zustände in unserem Gehirn zu repräsentieren. Dies kann zu einer Überlastung oder zu einer Destabilisierung unseres neuronalen Systems führen, die wir als desintegrierten Zustand bezeichnen können. Diese Zustände machen uns in lebensbedrohlichen Situationen handlungsunfähig.

Der Glaube verschafft hier Abhilfe. Er bremst die Produktion von gleichzeitig im Gehirn repräsentierten Zuständen und reduziert so die Komplexität. Durch seine permanenten oder fixierten Aktivierungen stabilisiert der Glaube unser neuronales System und hilft uns auch in schwierigen Situationen handlungsfähig zu bleiben und damit zu überleben.

Glaube kann uns aber auch aus einem Zustand der Sicherheit aufwecken und uns zu notwendigen Handlungsschritten führen. Ein Beispiel dafür ist die alttestamentliche Prophetie:Sie sagen denen, die des HERRN Wort verachten: Es wird euch wohlgehen -, und allen, die nach ihrem verstockten Herzen wandeln, sagen sie: Es wird kein Unheil über euch kommen. Jer 23,17

Evolutionärer Nachteil

Der Vorteil des Glaubens verkehrt sich genau dann in einen Nachteil, wenn uns der Glaube daran hindert, neue an veränderte Umweltbedingungen angepasste Verhaltensweisen zu entwickeln. Dies geschieht dann, wenn die permanente Aktivierung der Glaubensinhalte so stark wird, dass sie nicht mehr modifiziert werden können. Dies geschieht im Fundamentalismus oder in orthodoxen Systemen. Wenn es auf Grund einer Glaubensfixierung zu einer Erstarrung des neuronalen Systems kommt , können im Wettbewerb mit anderen Menschen oder sozialen Gruppen Nachteile entstehen. Beispiel sind hierfür z.B. Die orthodoxen Kirchen, die im 7 Jh. vom Islam überrannt worden sind. Auch der Islam war gegenüber einem liberaleren Christenum letztlich chancenlos, weil er sich nicht weiterentwickeln konnte.

Glaube und Entwicklungszusammenarbeit

In der Entwicklungszusammenarbeit wurde der Glaube lange Zeit tabuisiert. Hier gibt es seit ca. 2000 eine Trendwende. Er kann für die Entwicklungszusammenarbeit sowohl Vorteile als auch Nachteile bringen. Keinen Falls darf er bei der Zusammenarbeit mit Ländern außerhalb Europas vernachlässigt werden. Da er jedoch in der europäischen wissenschaftlichen Diskussion lange Zeit keine Rolle spielte, tun sich westliche Entwicklungshelfer oft schwer, sich auf die Religionen anderer Kulturen einzulassen.((Vgl. u.a. Holstein Anne-Marie et alii, Religionen- Potential oder Gefahr, 2010.)) 

Balance von Vorteilen und Nachteilen

Um von den Vorteilen zu profitieren aber gleichzeitig die Nachteile zu vermeiden, muss der Glaube in einer dynamischen Bilanz sein. Die Aktivierung der Glaubensinhalte darf nicht zu schwach sein, um die stabilisierende Wirkung des Glaubens nicht verlieren. Die Glaubensinhalte dürfen aber auch nicht unverrückbar fixiert sein, um die Flexibilität nicht zu verlieren. Es muss also eine Verbindung zwischen dem geschützten und dem nicht geschützten Bereich geben.

Balance von Vor- un Nachteilen

Soziale Dimension von Glauben

Der Glaube ist neurologisch gesehen nur ein innerpsychischer Vorgang. Er ist ein neurologischer Verarbeitungsmechanismus, der unser System in schwierigen Situationen stabilisiert und schützt. 

Der Glaube wird erst in seiner sozialen Gestalt zu einer externen Wirklichkeit, wenn ich mich mit Menschen verbinde, deren innere Schutzraum auf den selben Begriffen aufgebaut ist wie meiner. 

Durch dies Verbindung entsteht ein neues soziales Netz, ein realer Schutzraum mit einer sozialen Dimension, die Kirche.

Aktivierung des Glaubens

Glaube fällt neurologisch gesehen nicht „vom Himmel“. Er muss aktiviert werden, das heißt, die den Schutzraum bildenden Begriffe müssen als Muster im neurologischen Netzwerk befeuert werden, damit der Schutzraum entsteht und Wirkung zeigt.

Aktvierung von außen

Dies geschieht in der Regel durch eine Aktivierung von außen. Als Kind bekommen wir durch die religiöse Erziehung oder religiöse Sozialisation die entsprechenden Muster dargeboten und unser neuronales Netzwerk kann sie durch wiederholte Darbietung erlernen.

Durch regelmäßige Teilnahme am Gottesdienst oder am Bibelstudium bleiben die religiösen Inhalte präsent und werden weiter neuronale vernetzt.

Ein Schönes Beispiel für eine solch eine Außenaktivierung bietet Paulus in Römer 10:„Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger?Wie sollen sie aber predigen, wenn sie nicht gesandt werden?“ (Römer 10:14–15 Luther 84)

Eigenaktivierung oder Aktivierung von Innen

In einer konkreten Stress- oder Gefahrensituation muss der Glaubende aber fähig sein, die Begriffe und den Schutzraum des Glaubens selbst zu aktivieren. 

Dies ist in Regel nur möglich, wenn er zuvor die zughörigen neuronalen Muster erlernt und geübt hat und diese geschieht eben durch die Übernahme diese Muster aus dem sozialen Umfeld der Familie oder einer religiösen Gruppe (Kirche).((Der Einwand man könne Christ auch ohne Kirche sein ist deshalb neurologisch nicht haltbar, da christliche Denkmuster über eine christliche Gemeinschaft weitergegeben werden))

Der Glaube ist damit ein wichtiger Bestandteil der neuronalen Selbststeuerung.

  1. Vgl. zum Glauben, Burkhardt, Neuronale Theologie, 2018, S.11 ff []